PFAS sind nahezu in allen Lebensbereichen aufzufinden. Wie stark die PFAS-Belastung in Europa wirklich ist, konnten die Reporter:innen des Forever Pollution Projects kürzlich aufdecken.

PFAS-Belastung: die Ewigkeitschemikalien machen Schlagzeilen!

Seit Jahrzehnten werden PFAS – kurz für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – für die Herstellung von vielen Alltagsprodukten verwendet.

Doch erst seit Kurzem wird es etwas lauter um diese menschengemachten Chemikalien. Denn mittlerweile ist bekannt, dass sie doch nicht so harmlos für Mensch und Umwelt sind, wie anfangs angenommen.

Die PFAS stehen immer wieder im Vordergrund einiger Debatten und Skandale und nicht grundlos sprechen manche Gegner auch vom neuen Asbest oder dem Jahrhundertgift. In der Tat belegen aktuelle Studien und Forschungsprojekte, dass die geruchlosen Chemikalien ein zunehmendes und vor allem ernst zu nehmendes Problem darstellen.

Die PFAS-Belastung im Fokus der Medien

Bis vor Kurzem war über das wahre Ausmaß der PFAS-Belastung allerdings nur wenig bekannt. Das sollte sich mit dem Forever Pollution Project ändern. In dem Projekt konnte eine Gruppe von Reporter:innen erstmals ermitteln, wie stark Europas Böden und Gewässer tatsächlich von der PFAS-Verschmutzung betroffen sind.

Wer steht hinter dem Forever Pollution Project?

Das Forever Pollution Project hat es sich zum Ziel gemacht, den Grad der Verunreinigungen mit PFAS in Europa aufzuzeigen. Nach Jahren der leichtfertigen Handhabung und Entsorgung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen sowie einer mangelnden Gesetzgebung rund um diese Stoffe war es an der Zeit, mehr Klarheit zu schaffen.

In nationaler und internationaler Zusammenarbeit werteten Reporter:innen von 18 europäischen Medien und Vertreter:innen verschiedener Umweltschutzorganisationen 100 Datensätze aus und ermittelten, wie stark die aktuelle PFAS-Belastung in Europa ist. Das Ergebnis: die erste Karte ihrer Art, die die PFAS-Verschmutzung in Europa darstellt.

Ziel der Aktion ist es, das Bewusstsein über die Auswirkungen von PFAS zu schärfen und die Regulierung dieser Chemikalien europaweit zu verbessern. Die Daten und die Karte zeigen, dass das bitter nötig ist und Politik und Industrie schnell handeln müssen.

Ergebnisse der Untersuchung: so kontaminiert ist Europa wirklich

Das Ergebnis der Untersuchungen und Nachforschungen ist erschreckend und ernüchternd zugleich. Demnach wurden über 17.000 kontaminierte Standorte in ganz Europa identifiziert. An diesen Orten waren entweder Gewässer, Böden oder gar Lebewesen mit den Chemikalien belastet und es wurden PFAS-Werte von 10 ng/L oder höher nachgewiesen.

Dazu kommen noch 21.000 weitere mutmaßlich kontaminierte Standorte und insgesamt über 2.100 sogenannte Hotspots, an denen die Ewigkeitschemikalien in solchen Mengen vorkommen, dass Expert:innen von einer Gefahr für Mensch und Umwelt sprechen.

Die PFAS-Belastung ist häufig in Gebieten rund um Industriegelände, Flughäfen und Militäranlagen deutlich erhöht.

Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist das Örtchen Zwijndrecht in Belgien. Hier befindet sich eine Fabrik der Firma 3M, wo PFAS verarbeitet werden. In der unmittelbaren Umgebung rund um die Fabrik wurden sehr hohe Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien gemessen.

Die PFAS-Belastung ist dort derart hoch, dass den Einwohnern in Zwijndrecht vom Verzehr von Eiern aus der Region und Gemüse aus dem eigenen Garten abgeraten wird. Für Anwohner in direkter Nähe zur Fabrik – wohlgemerkt etwa 70.000 Menschen – gilt außerdem das Angebot, ihr Blut auf PFAS untersuchen zu lassen.

Auch in Deutschland wurden ähnliche Fälle aufgedeckt, in denen bestimmte Gebiete rund um Fabriken, Flughäfen und Militärgebiete zu hohe Konzentrationen an per- und polyfluorierten Alkylresten aufweisen. Insgesamt 1.500 Standorte konnten während des Projekts der Reporter:innen ausgemacht werden. Davon gelten 300 als Hotspots.

Hierbei handelt es sich allerdings nur um erste Messwerte, die im Rahmen des Forever Pollution Project gesammelt worden sind. Tatsächlich gehen die Expert:innen davon aus, dass das Ausmaß der Verschmutzung noch viel höher ist. Da Wasser und Böden in Deutschland bislang nur selten auf PFAS hin untersucht werden, könnte es sich um Jahre handeln, bis die Auswirkungen der Kontamination allgemein sichtbar werden. Die Kosten für nötige Sanierungsarbeiten werden heute schon auf über 17 Milliarden Dollar allein für Europa geschätzt.

Alle Fakten auf einen Blick

  • über 17.000 Standorte mit PFAS-Verunreinigungen von 10 ng/L und mehr
  • 21.000 mutmaßlich kontaminierte Standorte
  • europaweit über 2.100 Hotspots, an denen PFAS-Konzentrationen von 100 ng/L und mehr nachgewiesen wurden
  • 1.500 PFAS-verseuchte Standorte in Deutschland mit über 300 bekannten Hotspots
  • mehr als 17 Milliarden Dollar, so viel betragen voraussichtliche Sanierungskosten für Europa allein, um den entstandenen Schaden zu beheben

Weitere PFAS-Skandale der letzten Wochen

In den letzten Wochen und Monaten machte aber nicht nur das Forever Pollution Project Schlagzeilen in der Presse, sondern auch ein noch weitere PFAS-Skandale, die im Zusammenhang mit alltäglichen Hygieneprodukten stehen. Dazu zählen zum Beispiel Toilettenpapier, Zahnseide oder auch die immer beliebtere Periodenunterwäsche.

Die Skandale rund um die PFAS-Belastung in Alltagsprodukten häufen sich. Jetzt ist bekannt, dass PFAS auch in Hygieneartikeln wie Toilettenpapier, Zahnseide oder Periodenunterwäsche stecken kann.

Die Unterwäsche wird meist als umweltfreundliche, sichere und natürliche Alternative zu anderen gebräuchlichen Menstruationsprodukten vermarktet. Leider konnten aber auch hier in einer Vielzahl von Produkten und Marken Nachweise für die gesundheitsschädlichen Ewigkeitschemikalien erbracht werden.

PFAS befindet sich auch in vielen Marken von Periodenunterwäsche.

Eine in einem unabhängigen Labor durchgeführte Analyse hatte bereits 2020 gezeigt, dass die PFAS-Konzentration in der Periodenunterwäsche von einigen Marken weit über den empfohlenen Richtwerten lag. Dieser Skandal hat viele Verbraucher:innen verunsichert und dazu geführt, dass der Bedarf nach wirklich sicheren und gesunden Produkten immer deutlicher in den Vordergrund der Gesellschaft rückt.

Zum Glück sind nicht alle Marken von Periodenunterwäsche von PFAS-Verunreingungen betroffen. Achte am besten beim Kauf jeglicher Produkte auf entsprechende Zertifizierungen und Prüfsiegel, um die ungewollten Stoffe zu vermeiden.

Kommt das PFAS-Verbot zu spät?

Mit dem Forever Pollution Project wird auch der Schrei nach einer gesetzlich vereinbarten Regulierung für die Entsorgung von PFAS und nach eindeutig definierten Grenzwerten immer lauter.

PFAS-Grenzwerte für dein Trinkwasser

In Deutschland gelten zum Beispiel derzeit noch keine bestimmten Grenzwerte für das Trinkwasser und es gibt auch keine Testpflicht für Wasserversorger. In manchen Fällen wird das Wasser nicht auf PFAS geprüft, weil es einfach keine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt.

Am 31. März dieses Jahres soll sich das durch ein neues Gesetz für die Trinkwasserverordnung ändern. In Zukunft soll es nun endlich zwei einheitlich festgelegte Grenzwerte für bestimmte PFAS geben, darunter vier besonders giftige Stoffe. Allerdings soll der erste Grenzwert erst ab 2026 und der zweite ganze zwei Jahre später in Kraft treten.

Das ist eine lange Zeit und die geplanten Grenzwerte sind immer noch zu hoch, finden wir und auch die Expert:innen des Forever Pollution Project. Denn gerade jetzt, wo der Grad der Verschmutzung immer deutlicher zu werden scheint, sind klare und schnelle Maßnahmen von Seiten der Politik und Wirtschaft gefragt.

Außerdem ist vorerst nur von Grenzwerten für unser Trinkwasser die Rede, nicht aber von der Regulierung der Entsorgung und Freisetzung von PFAS. So besteht die Gefahr, dass diese giftigen Chemikalien weiterhin unkontrolliert in die Umwelt gelangen und über die Böden schließlich auch das Grundwasser erreichen. Über ein gänzliches Verbot der Stoffe wird aktuell noch diskutiert.

Auf europäischer Ebene wird jedoch bereits über ein Verbot von mindestens 10.000 PFAS gemäß der REACH-Verordnung verhandelt, um ihre Freisetzung in die Umwelt zu verringern. Im Laufe der nächsten Monate werden verschiedene Behörden und wissenschaftliche Ausschüsse über das geplante Verbot tagen. Laut aktuellen Schätzungen könnte so verhindert werden, dass etwa 4,4 Millionen Tonnen PFAS im Laufe der nächsten 30 Jahre in die Umwelt gelangen könnten.

Gemeinsam gegen die PFAS-Verschmutzung

Die Ereignisse der letzten Wochen machen noch einmal deutlich, wie wichtig eine schnelle Reaktion von Politik und Industrieverbänden ist, um die Freisetzung von PFAS in unsere Umwelt radikal zu reduzieren. Dafür ist nicht nur eine klare Regulierung der Chemikalien gefragt, sondern auch die Zusammenarbeit von Expert:innen auf nationaler und internationaler Ebene kann entscheidend dabei sein, einen schnellen Wandel zu bewirken.

Doch auch du als Verbraucher:in kannst selbst schon eine Menge dafür tun, dass unsere Umwelt in Zukunft vor schädlichen Einflüssen geschützt wird und damit auch zu einem gesünderen Ort für uns Menschen wird. Der bewusste Verzicht auf PFAS-haltige Produkte und ein reflektiertes Konsumverhalten sind dabei nur der erste Schritt. Für mehr Tipps und Informationen schau gerne in unseren Beitrag, wie du PFAS vermeiden kannst.

Quellen:

https://foreverpollution.eu/

https://echa.europa.eu/hot-topics/perfluoroalkyl-chemicals-pfas?gclid=Cj0KCQiAgaGgBhC8ARIsAAAyLfEDeuk4NDi_2lb2nSX5JunKCgLpwyoV3bQpc1lzvZrRIt0MFhyDLaUaAiNtEALw_wcB

https://www.lemonde.fr/en/les-decodeurs/article/2023/02/23/forever-pollution-explore-the-map-of-europe-s-pfas-contamination_6016905_8.html

https://www.env-health.org/groundbreaking-cross-country-media-investigation-reveals-thousands-of-sites-contaminated-by-pfas-around-europe-adding-further-urgency-to-enact-eu-wide-ban-on-forever-chemicals/

https://www.theguardian.com/environment/2023/feb/23/revealed-scale-of-forever-chemical-pollution-across-uk-and-europe?CMP=GTUK_email

https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-wasserversorger-101.html

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2023/Jahrhundertgift-PFAS-Wie-verseucht-ist-Deutschland,pfas104.html

https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2023/01/ewige-chemikalien-warum-wir-pfas-nicht-mehr-loswerden

https://www.theguardian.com/environment/2023/jan/29/australian-period-underwear-makers-deny-using-forever-chemicals-after-thinx-settles-suit-in-us

https://bettergoods.org/best-period-underwear/

https://www.ewg.org/news-insights/news/2022/04/new-lawsuit-contends-period-products-contain-forever-chemicals

https://www.nytimes.com/2023/01/20/well/pfas-thinx-period-underwear.html

https://www.jetzt.de/gesundheit/gesundheitsschaedliche-stoffe-in-menstruationsunterwaesche

https://time.com/6254060/pfas-period-chemicals-underwear-tampons/

https://echa.europa.eu/-/echa-publishes-pfas-restriction-proposal

https://www.oecd.org/chemicalsafety/portal-perfluorinated-chemicals/countryinformation/european-union.htm

https://www.bfr.bund.de/cm/343/per-und-polyfluorierte-alkylsubstanzen-pfas-veroeffentlichung-des-vorschlags-zur-beschraenkung-nach-der-reach-verordnung-bei-der-europaeischen-chemikalienbehoerde.pdf

https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/EN/Home/German_propsal_restriction/PFAS/PFAS_node.html